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Für den Vogel bis zu 1000 Euro löhnen

Manchmal liegen einem auf der Straße schon die Nerven blank. Da wird dann mal die geballte Faust erhoben oder der gestreckte Zeigefinger fährt zum Kopf. Vorsicht: Beleidigende Gesten können teuer kommen. Wer, wie beschrieben, anderen den Vogel zeigt, sollte bis zu 1000 Euro parat liegen haben.

Wer nämlich seinem Ärger über andere Verkehrsteilnehmer mit eindeutigen Gesten Luft macht, risikiert saftige Geldstrafen. Juristisch kann es sich beim Vogelzeigen um eine Beleidigung handeln. Sie wird als Angriff auf die Ehre einer Person durch Kundgebung der Missachtung oder Nichtachtung definiert. Das ist eine Straftat.

Gemäß § 185 StGB kann eine Beleidigung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe belegt werden. Bei tätlichen Beleidigungen kann es sogar zu Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren kommen. Wird eine Beleidigung auf der Stelle erwidert, kann der Richter laut § 194 StGB immerhin beide oder einen Beteiligten für straffrei erklären.

Die spannende Frage ist, was kostet was. Versicherungsexperten haben mal einschlägige Urteile unter die Lupe genommen und sind zu folgendem (Maximal-)Ergebnis gekommen:

- Zunge rausstrecken: 300 Euro
- Vogel zeigen: 1.000 Euro
- Stinkefinger: 4.000 Euro
- Scheibenwischer: 350 Euro
- A-Lochzeichen: 750 Euro

Für Beleidigungen im Straßenverkehr gibt es keinen einheitlichen Strafenkatalog. Das Strafmaß variiert. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters, die Umstände der Tat – wer hat wen, wann, wo, wie beleidigt – und nicht zuletzt das Gericht, vor dem verhandelt wird, spielen eine Rolle.

Das Maß aller Dinge ist jedoch laut Versicherungsexperten der Tagessatz. Seine Höhe ergibt sich aus dem monatlichen Nettoeinkommen, geteilt durch 30 – ist jedoch auf einen Höchstsatz von 5.000 Euro beschränkt. Meist werden für eine Beleidigung 10 bis 30 Tagessätze verhängt. So kann beispielsweise das Zeigen eines Vogels 20 bis 30 Tagessätze kosten. Bei einem angenommenen monatlichen Nettoeinkommen des Delinquenten von 1.500 Euro wären damit 1.000 bis 1.500 Euro fällig.

Ein Kuriosum ist der so genannte Doppelvogel, bei dem mit beiden Zeigefingern an beide Schläfen getippt wird. Nach Meinung der Richter des Düsseldorfer Oberlandesgerichts ist diese Geste keine Ehrverletzung (OLG Düsseldorf, 5 Ss 383/95-21). Ganz abgesehen davon, dass beide Hände ans Lenkrad gehören, sollte man sich jedoch nicht auf die Toleranz der Richter verlassen. Denn ein anderes Gericht sah im Doppelvogel sehr wohl eine Beleidigung, die mit 40 Tagessätzen geahndet wurde.

Richtig teuer wird es, wenn sich die Beleidigung gegen Polizisten richtet. Da sie die Staatsgewalt verkörpern, wird in diesen Fällen selten ein Auge zugedrückt. Dabei ist der Stinkefinger auch dann eine Beleidigung, wenn er sich gegen das Objektiv einer Videoüberwachungskamera richtet. Laut Bayerischem Obersten Landesgericht (Bay ObLG, 5 St RR30/2000) wird dadurch eine sogenannte befasste Amtsperson beleidigt, nämlich der diensttuende Beamte, der hinter dem Monitor sitzt. 40 Tagessätze sind dafür durchaus einzukalkulieren.

Mit Strafbefehl und Geldstrafe ist eine Beleidigung jedoch noch längst nicht vom Tisch. Die damit befasste Staatsanwaltschaft teilt den Strafbefehl dem Kraftfahrt-Bundesamt mit. Das Oberlandesgericht Zweibrücken verwies hierbei auf die einschlägige Vorschrift des Straßenverkehrsgesetzes (1 VAs 4/01). Danach sind im Verkehrszentralregister rechtskräftige Entscheidungen von Strafgerichten zu speichern, wenn diese wegen einer rechtswidrigen Tat eine Strafe verhängen, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen wurde.

Die Beleidigung ist ein so genanntes Antragsdelikt, das nur verfolgt wird, wenn fristgemäß Strafantrag gestellt wird (durch eine Strafanzeige bei der Polizei).

Allerdings steht gerade bei Beleidigungen oft Aussage gegen Aussage, so dass das Verfahren vom Gericht häufig eingestellt wird. Wer sich also in seiner Ehre verletzt fühlt und seinen Kontrahenten anzeigt, sollte vorher gut abwägen, ob sich der Aufwand lohnt. Denn der Gang vor Gericht kostet immer Zeit und Nerven und wie die Sache ausgeht, ist ungewiss.